
Ein halbes Jahr nachdem die Finanzchefin Huaweis, die Chinesin Meng Wanzhou, von der kanadischen Polizei festgenommen wurde, erleidet das weltweit größte Telekommunikationsunternehmen einen weiteren Schlag durch die US-Regierung: Das US-Handelsministerium setzte Huawei und etwa 70 seiner Partnerunternehmen auf die schwarze Liste derjenigen Firmen, denen der Erwerb von Teilen oder Technologien von amerikanischen Unternehmen untersagt wird. Die Einschränkungen werden in Kraft bleiben, es sei denn, die US-Behörden erteilen Huawei eine besondere Genehmigung für Akquisitionen.
Reuters berichtet, dass laut dem US-Handelsminister Wilbur Ross die Entscheidung durch den Präsidenten bestätigt wurde. Damit soll verhindert werden, dass amerikanische Technologien von ausländischen Unternehmen in einer Weise genutzt werden, die möglicherweise die nationale Sicherheit der USA oder seine außenpolitischen Interessen untergräbt.

Die Beziehungen zwischen China und den USA sind angespannt, seit die Trump-Administration im letzten Frühjahr einen Handelskrieg begann. Trump verkündete dies als Reaktion auf jahrzehntelange ungerechte Wirtschaftsmethoden und dem Nichteinhalten von Gesetzen seitens chinesischer Firmen und der chinesischen Regierungspartei.
Die massiven Investitionen ins Ausland werden von den chinesischen Behörden stark kontrolliert. Um wenig Kapital zu verlieren, steuert der Staat mit wohin Geld fließen soll. Dabei nimmt China die Regeln der Welthandelsorganisation wenig ernst. So gibt es unter anderem Vorwürfe zu staatlich gefördertem Lohndumping bis hin zu mangelnder Chancengleichheit für ausländische Firmen, die in China selbst keine Unternehmen gründen dürfen, sondern sich lediglich als „Juniorpartner“ an chinesischen Firmen beteiligen können. So bleibt die Kontrolle in chinesischer Hand, das Know-how wird jedoch geteilt.
Die diplomatischen Bemühungen zur Lösung der Handelskonflikte erlebten Anfang Mai einen weiteren Einbruch, als sich Peking plötzlich von früheren Fortschritten abwand, die in mehreren Verhandlungsrunden erzielt worden waren. Als Reaktion darauf erhöhten die Vereinigten Staaten die Zölle auf chinesische Importe von 10 auf 25 Prozent (auf 200 Milliarden US-Dollar) und beendeten damit eine “Waffenruhe” die seit Dezember anhielt.
Risiko für die nationale Sicherheit
Präsident Trumps Anordnung wurde von Huawei nicht konkret genannt, jedoch stand der chinesische Tech-Gigant kürzlich im Mittelpunkt von Diskussionen bezüglich Cybersicherheit und Wirtschaftsspionage, welche die engen Beziehungen Huaweis zur chinesischen Regierungspartei aufzeigen.
Der Huawei-Gründer und CEO Ren Zhengfei war ein Nachrichtentechnikerfür die chinesische Volksbefreiungsarmee. Außerdem haben leitende Manager der angeblich privaten Firma Verbindungen zu chinesischen Geheimdiensten sowie zu Beamten, die mit Jiang Zemin, dem ehemaligen Generalsekretär der Kommunistischen Partei, in Kontakt sind.
Im Dezember wurde Huaweis Finanzdirektorin Meng Wanzhou, die Tochter von Ren Zhengfei, während eines Zwischenstopps in Vancouver, Canada, verhaftet. Nach ihr wurde aufgrund des vermeintlichen Verkaufs von elektronischen Komponenten an den Iran gefahndet, was die Missachtung von US-Sanktionen bedeutet. Momentan wird sie in Kanada gegen Kaution festgehalten. Lokale Gerichte sollen entscheiden, ob sie an die Vereinigten Staaten ausgeliefert werden soll oder nicht. Als voraussichtlicher Anhörungstermin wurde erst der 20. Januar nächsten Jahres festgelegt.

Huawei dementiert die Vorwürfe, als Akteur des chinesischen Staates zu fungieren, aber US-Außenminister Mike Pompeo wies diese Behauptungen zurück. Am 23. Mai gab er in einer Stellungnahme ab, dass chinesische Firmen, ob private oder staatliche, gesetzlich dazu verpflichtet sind, Peking in seiner Informationsbeschaffung zu unterstützen.
„Zu behaupten, dass sie nicht mit der chinesischen Regierung kooperieren, ist eine unwahre Aussage“, meinte Pompeo bezüglich der Stellungnahme von Ren Zhengfei aufgrund der Sperre. „Er ist nach chinesischem Gesetz dazu verpflichtet, so zu handeln. Jedenfalls sagt der CEO Huaweis weder dem amerikanischen Volk noch der Welt die Wahrheit.“
Meng Wanzhou wurde im Januar 2019 zusammen mit Huawei selbst und zweier seiner Tochterunternehmen im Bundesstaat Washington unter anderem wegen Bank- und Überweisungsbetrugs im Zusammenhang mit der Verletzung der Handelssanktionen gegen den Iran, von US-Staatsanwälten angeklagt. Des Weiteren wird Huawei von einem bundesstaatlichen Geschworenengericht in Seattle wegen Spionage an T-Mobile beschuldigt.
Laut dem Gericht hat Huawei seine Angestellten systematisch dazu ermutigt, Geschäftsgeheimnisse von US-Unternehmen zu stehlen. Die Anklage lautet, dass Huawei „einen formalen Plan für die Belohnung von Mitarbeitern für den Diebstahl von Informationen von Mitbewerbern auf der Grundlage des vertraulichen Inhalts der erhaltenen Informationen aufgestellt hat“.
Huawei wurde außerdem unter die Lupe genommen, da sich das Unternehmen selbst als einzig tragfähiger Lieferant von günstiger 5G-Mobilfunknetz-Infrastruktur bezeichnet. Ende Februar unterzeichnete es Verträge mit 30 Ländern für ihre 5G-Ausrüstung. Kritiker warnen allerdings davor, dass das Vertrauen in Huawei mit dieser Infrastruktur ein Sicherheitsrisiko darstellt, da das Unternehmen der chinesischen Regierung Zugang zu eingebauten Hintertüren in den Netzwerken gewährt, die für Spionage und Überwachung genutzt werden könnten.
Folgen eines Verkaufsverbots
Anfang 2018 verhängte die Trump-Administration ein vorübergehendes Verkaufsverbot für US-Technologie und elektronische Komponenten an ZTE, einen staatlichen chinesischen Mitbewerber von Huawei. Das Verbot wurde jedoch bald aus Rücksicht von Präsident Trump auf seine persönliche Freundschaft mit Chinas Präsident Xi Jinping aufgehoben. Es hätte die Geschäftsmöglichkeiten von ZTE eingeschränkt, da eine große Menge chinesischer Elektronik auf US-Bauteile zurückgreift, die noch nicht in China gefertigt werden können.

Beobachter meinen, dass eine Sperre für Huawei eine ähnliche Krise für das Unternehmen auslösen könnte, welches sich ebenso stark auf amerikanische Lieferanten stützt.
Am 19. Mai verkündete Google, dass es seine Partnerschaft mit Huawei auflöst, erklärte dann aber eine Gnadenfrist zu gewähren, um dem chinesischen Unternehmen Zeit für eine Umstellung einzuräumen. Um die Smartphone-Betriebssysteme von Android zu ersetzen, muss Huawei zu seiner eigenen HongMeng-Software zurückgreifen, einem Betriebssystem, das sich noch in der Entwicklung befindet.
Neben den USA haben sich auch viele andere Länder skeptisch zu den Geschäften mit Huawei geäußert. Japan und Großbritannien haben Einschränkungen bei der Nutzung von Huawei-Technologie beschlossen. Norwegen denke darüber nach, Australien äußerte seine Sicherheitsbedenken und ein voraussichtliches Verbot bereits letzten August, Neuseeland Ende November. Zwei der größten Mobilfunkbetreiber in Südkorea schließen die Lieferung von 5G-Geräten von chinesischen Unternehmen aus, ebenso Indien.
Die USA machen weltweit auf ihre Sicherheitsbedenken in Bezug auf Technologie aus China aufmerksam und künden an, ihre Zusammenarbeit mit Ländern, die sich beim 5G-Ausbau nicht von Huawei und anderen chinesischen Firmen distanzieren, zu überdenken.