
Wie Reuters am 15. Januar 2020 berichtete, durchsuchten deutsche Polizisten im Auftrag der Bundesanwaltschaft kürzlich die Wohnungen und Büros von drei Personen, die verdächtigt werden, als Spione für Peking aktiv gewesen zu sein. Die Razzien erfolgten in Berlin, Brüssel, Baden-Württemberg und Bayern. Zwei der mutmaßlichen Spione sollen soziale und private Informationen an das chinesische Ministerium für Staatssicherheit weitergegeben haben. Obwohl die dritte Person keine Informationen weitergab, hatte sie offenbar ihre Bereitschaft dazu bekundet. Verhaftet wurde bislang noch niemand.
Ex-Diplomat verdächtigt
Einer der drei Verdächtigen, ein deutscher Staatsangehöriger, hatte bis 2017 als hochrangiger Diplomat des Europäischen Auswärtigen Dienstesgearbeitet, unter anderem mehrfach als EU-Botschafter. Nach seinem Ausscheiden aus diesem Dienst hatte er sich bei einer Lobbyfirma niedergelassen, für die er bis zuletzt tätig war. Seither soll er laut Ermittlungen Informationen nach China weitergegeben und die beiden weiteren Verdächtigen angeworben haben. Man nimmt an, dass einer der beiden für ein Treffen mit seinem mutmaßlichen Führungsoffizier China besucht hat, berichtet der Spiegel.
Zwar gebe es häufig den Verdacht auf „groß angelegten Spionageoperationen Chinas in Deutschland und Europa“, so der Spiegel, doch gelänge es selten, Beweise gegen Pekings Geheimdienste zu finden. Es wäre ein großer, weil seltener, Erfolg, sollten die derzeit erhobenen Vorwürfe bestätigt werden.
„Während in der Vergangenheit vorrangig chinesischstämmige Personen als Agenten rekrutiert worden waren, versuchen die Dienste mittlerweile verstärkt Personen aus westlichen Ländern in ihrer Heimat, vor Ort in China oder über soziale Netzwerke als Informanten oder Agenten zu werben“, zitiert die Welt das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). China ist bemüht, die Positionen der Gegenseite ausgiebig zu erkunden, um sich bestmöglich eigene Vorteile zu verschaffen.
Der Verfassungsschutz erwartet laut seinem aktuellen Bericht daher auch eine „weitere Intensivierung der Spionageaktivitäten wie auch der Einflussnahmeversuche“, so die Weltweiter.
Die Beziehung zwischen Deutschland und China ist seit dem Beginn der Übernahme deutscher Technologieunternehmen durch chinesische Firmen im Jahr 2016 ohnehin angespannt. Im darauffolgenden Jahr beschuldigte der deutsche Geheimdienst Peking, über LinkedIn, einem sozialen Netzwerk für geschäftliche Kontakte, versucht zu haben, die Regierung zu infiltrieren.
Es herrscht außerdem Druck auf Deutschland, da es dem chinesischen Kommunikationsunternehmen Huawei erlaubt, ihre 5G-Infrastruktur im Land aufzubauen. Innen-, Bau- und Heimatminister Horst Seehofer gab kürzlich bekannt, dass er dagegen sei,ein Produkt aus dem Markt zu nehmen, nur weil die Möglichkeit besteht, dass etwas passieren könnte. „Ich glaube nicht, dass wir ohne die Beteiligung von Huawei kurzfristig ein 5G-Netz in Deutschland aufbauen können“, erklärte er gegenüber einer Lokalzeitung (AP).

Es gibt jedoch starken Widerstand in der Regierung gegen die Vergabe des Auftrags an Huawei, da die Gefahr besteht, dass die Kommunikationsnetze durch chinesische Spionage gefährdet werden. Eine Blockade von Huawei könnte China jedoch zu Sanktionen gegen Deutschland veranlassen, indem es seine Autoindustrie oder andere Sektoren ins Visier nimmt. Im vergangenen Monat wies der chinesische Botschafter in Deutschland, Wu Ken, in Berlin darauf hin, dass von den 28 Millionen Autos, die im Vorjahr in China verkauft wurden, 7 Millionen deutscher Herkunft waren. Er warnte, dass es „Konsequenzen“ hätte, Huawei auszuschließen.
Auswirkungen des USA-China-Handelsabkommens
Das kürzlich unterzeichnete Teilabkommen „Phase 1-Deal“ zwischen den USA und China könnte Deutschland belasten. Es sieht nämlich vor, dass China eine bestimmte Menge an Waren von den Vereinigten Staaten beziehen soll. Dies bedeutet im Wesentlichen, dass China möglicherweise seine Importe aus anderen Ländern reduzieren muss. Laut Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, würde Europa durch das Abkommen rund 11 Milliarden US-Dollar verlieren.
„Innerhalb der EU-Länder ist Deutschland besonders betroffen, insbesondere die Sektoren des Flugzeug- und Fahrzeugbaus. China, das wiederholt auf den Werten des multilateralen Systems beharrt hat, macht sich damit zum Komplizen bei der Verletzung der Kernprinzipien der WHO“, sagte er gegenüber Reuters. Deutschland hat in den vergangenen Monaten unter dem langsamen Wirtschaftswachstum gelitten und wird nicht wollen, dass seine chinesischen Exporte in Zukunft zurückgehen. Tatsächlich ist das deutsche Wirtschaftswachstum im vergangenen Jahr auf nur 0,6 Prozent gesunken, was den niedrigsten Stand seit 2013 bedeutet.