
Leistungsdruck, Überforderung, schlaflose Nächte aus Angst vor Versagen und überflutete Terminkalender: das Gefühl von Stress ist schon für viele Menschen zum Alltag geworden und die Zahl psychisch auffälliger Kinder weltweit steigt. Großbritannien hat bereits die Notbremse gezogen und das Pflichtfach „Achtsamkeit” auf die Stundentafel gesetzt.
Steigende Anzahl von Depression und Verhaltensauffälligkeit bei Schülern
Großbritannien setzt mit dem Fach „Achtsamkeit“ eine Maßnahme zur Vorbeugung von Depression und Burnout. Immer mehr Kinder nehmen schon im jungen Alter Antidepressiva ein und Eltern berichten von schlaflosen Nächten aus Angst vor dem Versagen bei Schularbeiten. Bereits 10 % der Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen fünf und 15 Jahren gelten in England als psychisch auffällig, in Deutschland sind es bereits knappe 20 %. In den europäischen Nachbarländern sieht es leider ähnlich düster aus. Ein Grund mehr, bereits in jungen Jahren präventiv zu lernen, wie man die eigenen Emotionen regulieren und Stress abbauen kann.
Große Schäden durch Stress
Der scheinbar immer größer werdende Leistungsdruck setzt Kinder bereits ab der Grundschule einem hohen Stressniveau aus. Gesellschaftliche als auch elterliche Erwartungen haben oft Erschöpfung und Depressionserscheinungen zur Folge. Diese werden meistens von Versagens- und Zukunftsängsten begleitet, welche wiederum zu erneutem Stress, Druck und Depressionen führen. Auch die mediale Reizüberflutung leistet einen nicht zu vernachlässigenden Beitrag für das tägliche Stressniveau.
Die Stressspirale macht aber nicht vor dem Eintritt in das Erwachsenenalter halt: das „Ausgebrannt-sein” von Arbeitnehmern verursacht wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe. Laut zdf.de sind nach Schätzungen von Gesundheitsexperten und Krankenkassen schon heute bis zu 13 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland von Burnout betroffen.

Psychische Erkrankungen sind heute bereits die dritthäufigste Diagnosegruppe für Arbeitsunfähigkeit. Die dadurch bedingten Krankheitstage haben sich in den letzten 40 Jahren verfünffacht. Gibt es einen Ausweg aus dieser Stressspirale?
Achtsamkeit als Prävention
Die Briten möchten nicht erst warten, bis es zu Depression und Burnout kommt, sondern setzen mit dem Fach Achtsamkeit eine präventive Maßnahme von der Grundschule an, um Stress und Co gar nicht erst überhand nehmen zu lassen. Durch in den Stundenplan integrierte Atem- und Entspannungsübungen lernen die Schüler im Alltag auf sich selbst Acht zu geben und sich täglich um ihre psychische Gesundheit zu kümmern. Durch gemeinsame Meditation und das Sprechen darüber, lernen die Schüler ihre Emotionen besser zu erkennen, zu benennen und zu regulieren. Dadurch bekommen sie eine Hilfestellung zur besseren Bewältigung von Stresssituationen und lernen spielerisch, wie unser Gehirn funktioniert.
Das Programm, welches mit 370 Schulen und einer zweijährigen Testphase gestartet hat, ist eines der größten Mental Health Projekte weltweit. Das neue Schulfach soll dazu führen, dass die Schüler achtsamer mit sich selbst und auch den Mitschülern umgehen. Außerdem soll es ihnen helfen ein Netzwerk von Vertrauten zu bilden und zu lernen, dass es wichtig ist, sich bei Problemen Hilfe holen zu können.
Achtsamkeit als Rüstzeug für das Leben
Bildungsminister Damian Hinds sagt in einem Gespräch mit der Online-Zeitung Independent: „Unsere Gesellschaft ist dem Thema psychische Gesundheit gegenüber heute viel offener als früher, aber die moderne Welt hat neue Belastungen für Kinder mit sich gebracht. (..) Das Ziel des Projektes ist es, herauszufinden, welche Übungen Kindern in ihrer psychischen Entwicklung helfen können.“ Professor Dr. Jessica Deighton, welche das Projekt maßgeblich mitentwickelt hat, spricht über die Wichtigkeit des neuen Schulfaches für die Zukunft der Kinder: „Es soll Schülern nicht nur kurzfristig ein gutes Gefühl geben, sondern sie besser fürs Leben ausrüsten.”

Achtsamkeit als Grundstein für die Zukunft: Quo vadis, Europa?
Großbritannien möchte mit seinem Achtsamkeitsunterricht einen wichtigen Grundstein für die lebenslange psychische Gesundheit der Kinder setzen. Denn je früher Stress erkannt und abgebaut werden kann, sei es durch Yoga, Meditation, Sport, Spaziergängen in der Natur oder anderen Methoden, umso besser. Es wäre wünschenswert, wenn auch andere Länder mit solch einem Unterrichtsfach in die Zukunft der Kinder investieren.
Es ist notwendig den Stress von Kindesalter an zu reduzieren, damit auch die nächste Generation in problematischen Lebenslagen empathisch und kreativ nach Lösungen suchen kann, ohne dabei aus Angst vor dem Scheitern zu erkranken. Langfristig gedacht wäre das natürlich auch die wirtschaftlichere Lösung. Man bedenke, dass die Einführung lediglich eines zusätzlichen Schulfaches, eine Prävention für Burnout, Depression und ähnlichem sein kann, wodurch wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe vorgebeugt werden könnten.