Der chinesische Gouverneur von Minzhou zeigte der Bevölkerung durch vorbildliches Handeln, wie mit kranken Menschen während einer Seuche umgegangen werden kann. Wer nämlich glaubt, dass Leben und Tod vom Schicksal bestimmt wird, muss sich vor der Betreuung kranker Menschen nicht fürchten.

Gouverneur Xin Gongyi war ehrlich und aufrichtig und hatte ein starkes Verantwortungsgefühl. Er war ein sehr fähiger Beamter und bekleidete entsprechend hochrangige Positionen in verschiedenen Teilen Chinas, bevor er in seiner Funktion als Gouverneur nach Minzhou geschickt wurde. Minzhou lag in der heutigen Provinz Gansu im Nordwesten des Landes.
Als Xin Gongyi dort sein neues Amt als Gouverneur antrat, schockierte ihn ein lokaler Brauch zutiefst, den er als sehr grausam empfand. Die Bewohner hatten solch eine starke Angst vor Krankheiten, dass sie keine Skrupel davor hatten, sogar ihre engsten Angehörigen in ihrem Leiden sich selbst zu überlassen. Dies führte dazu, dass viele Erkrankte, die wieder hätten gesund werden können, verstarben, da ihnen die Pflege und Zuwendung ihrer Angehörigen fehlten.
Gouverneur Xin Gongyi bemühte sich die Situation zu bereinigen, indem er mit gutem Beispiel voran ging und an vorderster Front für die infizierten Menschen sorgte. Die Menschen blieben misstrauisch – bis zu dem Zeitpunkt, als eine schwere Seuche in der Region wütete.
In dieser Zeit blieb der Gouverneur jedoch nicht nur gesund, sondern schaffte es auch durch sein mitfühlendes und großzügiges Handeln während der gesamten Dauer der Epidemie, die Ansichten und das Verhalten der Bewohner letztendlich wirklich zu verändern.
Was hatte die Bewohner zu einer Änderung ihres „Brauches“ bewogen? Sie sahen wie ihr Gouverneur Xin Gongyi Untergebene entsandte, um die ausgesetzten kranken Menschen zu ihm bringen zu lassen. Er hatte einen Teil seiner Räumlichkeiten in ein temporäres Hospital umfunktionieren lassen, um die Betreuung und Versorgung der Erkrankten zu gewährleisten.
Außerdem lebte und arbeitete er dort und kümmerte sich um die Erkrankten, beschaffte die nötigen Medikamente und engagierte Ärzte zur Behandlung. Nach und nach erholten sich alle Patienten und der Gouverneur forderte die betroffenen Familien auf, ihre Angehörigen nach Hause zu holen. Dabei nutzte er die Gelegenheit eingehend mit ihnen zu sprechen.
Er sagte: „Leben und Tod sind vom Schicksal bestimmt, und der Kontakt mit den Kranken wird Sie nicht unbedingt in Gefahr bringen”. Er ergänzte: „In der Vergangenheit haben Familienmitglieder ihre kranken Angehörigen im Stich gelassen und viele starben dadurch. Dieses Mal habe ich, wie Sie sehen, alle Betroffenen hierher gebracht, und ich war Tag und Nacht bei ihnen. Trotzdem bin ich nicht erkrankt, sondern gesund und sicher geblieben, ganz zu schweigen davon, dass die Patienten alle genesen sind”. Und zuletzt sagte er: „Ihr dürft die Kranken nicht mehr sich selbst überlassen. Lassen Sie diesen ängstlichen Brauch aus der Vergangenheit los!”
Die Familienmitglieder fühlten sich alle beschämt, als sie Xin Gongyis Worte hörten. Sie dankten ihm und nahmen sich seine Worte zu Herzen. Nach der Seuche schafften die Bewohner von Minzhou ihren Brauch ab und begannen sich mit treuer Freundlichkeit und kindlicher Hingabe umeinander zu kümmern.
Die Geschichte spielt in der Sui-Dynastie (581 bis 618), einer Zeit, in der die „Kindliche Pietät”, die Form des respektvollen Verhaltens gegenüber den Eltern und den Ahnen, bereits in der traditionellen chinesischen Gesellschaft etabliert war. Der Brauch, krankheitsverseuchten Verwandten Hilfe und Pflege zu entsagen, begann in der dynastischen Zeit vor der Sui-Dynastie.
Xin Gongyis Geschichte ist in dem medizinischen Text „Songfeng Shuoyi” oder „Songfeng über epidemische Krankheiten” beschrieben. Dieses Buch wurde von dem Arzt Liu Kuh unter dem Pseudonym Songfeng verfasst, welcher während der Qing-Dynastie lebte.
Liu Kui zollte Xin Gongyi in seinem Buch Tribut und erklärte: „Der Grund dafür, dass Xin Gongyi in der Epidemie nicht infiziert wurde war, dass er ein aufrechter, ehrenhafter, wohltätiger und wohlwollender Beamter war. Das war seine karmische Belohnung.” Er war der Meinung, dass alle Beamte von diesem Beispiel lernen sollten.