Ehemaliger McDonald‘s-Spitzenmanager kritisiert Fast-Food-Branche

assorted junk food

Ehemaliger McDonald‘s-Spitzenmanager kritisiert Fast-Food-Branche

Ein Ex-McDonald‘s-Manager ist der Meinung: „Fast Food ist Kindermisshandlung.“ (Bild: iStock)

Die Prävention von Fettleibigkeit und deren Folgen sind die neuen Herausforderungen der Kinder- und Jugendheilkunde. Eine langfristig unausgewogene Ernährung verursacht bei vielen Kindern bereits krankhafte Symptome, wie man sie sonst nur von Erwachsenen kennt. In seinem Buch „Die Fast Food Falle: Wie McDonald‘s und Co. auf Kosten unserer Gesundheit Milliarden verdienen“ macht der ehemalige McDonald‘s-Manager Harald Sükar auf die Auswirkungen des Fast-Food-Essens aufmerksam und kritisiert die Strategien der Unternehmen, um vor allem junge Kunden zu verführen.

Fast Food: Eine legale Droge

Harald Sükar ist ehemaliger Spitzenmanager von McDonald‘s, der in seiner 13jährigen Karriere beim Fast-Food-Riesen einige Einblicke in dessen Marketingkonzepte erlangte. Als ein ihm nahestehendes Kind an Diabetes erkrankte, wurde er wachgerüttelt und begann sich mit Studien über Ernährung auseinanderzusetzen und auch selbst abzunehmen. Vom idealistischen Mitarbeiter wurde er zu einem Skeptiker und Experten für die Auswirkungen von Ernährung mit Fast Food.

Heute bezeichnet der Steirer im Interview mit Spiegel Online Fast-Food sogar als „Kindermisshandlung” und beruft sich dabei auf ein Zitat eines britischen Politikers. Damit möchte er darauf hinweisen, dass Kinder sich nicht wehren können, wenn Erwachsene mit ihnen in ein Fast-Food-Restaurant gehen. Außerdem mache der hohe Fett-, Zucker- und Salzgehalt der Nahrungsmittel schnell und systematisch abhängig, ähnlich wie Kokain. Daher rate er sogar komplett davon ab, mit Kindern diverse Restaurantketten aufzusuchen, da bereits der erste Kontakt süchtig machen könne. 

Die Verwendung von Maissirup, Süßungsmittel und Geschmacksverstärker vermindere das Sättigungsgefühl -Adipositas, Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes und Krebs sind nur einige der Folgen von zu viel ungesundem Essen. Mit nur einer Mahlzeit, inklusive Getränk und Nachspeise, habe ein Kind außerdem den Zuckerbedarf von 5 Tagen abgedeckt, so Sükar.  

Natürlich sei ihm auch damals nicht unbekannt gewesen, dass Junkfood ungesund ist und unter anderem zu Fettleibigkeit führen könne. Er hielt sich jedoch an die Hauptargumente des Konzerns, dass man ja niemanden zwinge, Fast-Food-Restaurants zu besuchen und jeder selbst dafür verantwortlich wäre, wenn er zu ungesund isst und sich zu wenig bewegt. 

McDonald’s weiß, wie man Kinder anspricht. (Bild: iStock)

Wie Fast-Food-Konzerne unsere Kinder manipulieren

Heute erkenne er aber auch die Werbe- und Marketingstrategien der Unternehmen, die es perfekt beherrschen, junge Kunden anzulocken. Viele Eltern sind diesen machtlos ausgesetzt. Und wer möchte sein Kind nicht fröhlich sehen? Kinder fühlen sich wohl bei McDonald‘s und Co.: Sie dürfen umherrennen und mit den Fingern essen und bei den Kindermenüs gibt es sogar Spielzeug dazu. Ein Spielplatz und eine Geburtstagsparty bei „Megges“ runden das Angebot noch ab. 

Thomas Robinson von der Universität Stanford in Kalifornien belegte diese Erscheinung schon 2007. In seiner Studie dokumentierte dieser, wie effektiv die Marketingmaßnahmen von McDonald‘s bei Kindern sind. Ihm zufolge würden Kinder durch die zielgerichteten Werbekampagnen der Konzerne Lebensmittel aus McDonald‘s-Verpackungen bevorzugen. Das gilt sogar bei Obst und Gemüse.

Je öfter Kinder Werbungen von Fast-Food-Ketten ausgesetzt seien, desto größer würde das Verlangen nach deren Essen. Jennifer L. Harris von der Yale University, Connecticut, berichtet zwar von einigen Bemühungen, gesündere Angebote ins Sortiment aufzunehmen, konnte aber auch nachweisen, dass Fast-Food-Restaurants immer noch stark ins Marketing für Kinder und Jugendliche investieren.

Auch wenn Sükar oft reißerisch in der Wortwahl ist, belegt er mit ausreichend Fakten und Studien, was Sache ist und regt so zum Nachdenken an. Mittlerweile gibt es weltweit gesehen mehr Übergewichtige als Unterernährte. Adipositas, Diabetes und Kreislauferkrankungen häufen sich im Kindesalter. 

Eine internationale Studie aus Auckland in Neuseeland verwertete die Daten von 500.000 Kindern und Jugendlichen aus unterschiedlichen Ländern. Das Ergebnis ist erschreckend! Das Risiko an schwerem Asthma zu erkranken stieg signifikant auf 39 Prozent an, sobald bei Jugendlichen mindestens dreimal pro Woche Junkfood auf dem Speiseplan steht. Bei Kindern stieg das Risiko auf 29 Prozent.

Psychische Belastungen durch Übergewicht

Symbolbild: Unter stark übergewichtigen Kindern steigt die Wahrscheinlichkeit für eine klinisch diagnostizierte Depression um das bis zu dreifache verglichen mit normalgewichtigen Kindern. (Bild: iStock)

Übergewichtige Menschen haben nicht nur damit zu kämpfen, dass sie sozioökonomisch oft Ausgrenzung erfahren, sondern auch damit, dass Junkfood selbst Depressionen verursachen kann. Forscher der Med-Uni Graz haben herausgefunden, dass vor allem zu fettreiche Ernährung das Darmmikrobiom aus dem Gleichgewicht bringt, welches wiederum mit neurochemischen Störungen im Gehirn einhergeht. Deren Kollegen an der Universität Reading (Großbritannien) konnten Veränderungen des Gehirnstoffwechsels und der Signalübertragung nachweisen, sowie eine niedrige Ausschüttung des Neuropeptids-Y in Gehirnarealen, die für Appetit, Angst und Stimmungslage verantwortlich sind. Dies weise alles auf Störungen der Gehirnfunktion hin und könnten das depressive Verhalten bei zu hohem Fettkonsum erklären. 

An Übergewicht leidet also nicht nur der Körper, sondern auch der Geist. Es ist schon lange bekannt, dass der Darm von vielen Wissenschaftlern als ein „zweites Gehirn“ bezeichnet wird und doch schenken wir diesem Organ viel zu wenig Aufmerksamkeit. Dabei könnte man speziell bei Diäten darauf achten, Lebensmittel zu wählen, die auch eine positive Wirkung auf das emotionale Empfinden haben. Dies würde möglicherweise den Erfolg einer Gewichtsreduzierung erhöhen. Empfohlen werden hier zum Beispiel Folate (Folsäure), Omega-3-Fettsäuren (Leindotteröl, Fisch …), einfach ungesättigte Fettsäuren (Olivenöl, Avocado …) und natürlich Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Nüsse.

Die „Adipositas Überwachungs-Initiative im Kindesalter“ (Childhood Obesity Surveillance Initiative, COSI) ist die bisher größte Studie, in der Kinder im Alter von acht bis neun Jahren untersucht wurden. Die Ergebnisse bestätigen: Wenn präventive Gesamtkonzepte wirken sollen, muss in Ernährungs-, Bewegungs- und Gesundheitsförderung investiert werden. Diese staatliche Initiative kann nur ein Teilaspekt sein, welcher Kinder vor den Auswirkungen von Übergewicht schützen soll. Denn die primäre Beeinflussung kommt von zu Hause . Kinder lernen am meisten durch Beobachtung und Nachahmung.

Eine KIGGS Studie warnt: Die Zahl der übergewichtigen Kinder sei im Vergleich zu 1999 um 50% gestiegen. (Bild: iStock)

Hektischer Alltag verführt zu Fast Food

Der Rhythmus des Lebens ist nicht mehr von drei Mahlzeiten am Familienesstisch geprägt. Dabei belegen immer mehr Studien die Sinnhaftigkeit dieser alten Tradition. Regelmäßige Essenszeiten und vor allem 4-5 Stunden Pause zwischen den Mahlzeiten erweisen sich als äußerst förderlich für die Gesundheit. Stattdessen wächst der Außer-Haus-Verzehr von Lebensmitteln und das Snacken zwischendurch rapide an. Zu Mittag wird schnell zu McDrive gefahren und im Auto gegessen oder einen Dönerstand aufgesucht und während des Gehens den Hunger gestillt. Leider sind das alltägliche Situationen. Ein ständig erhöhter Blutzucker und somit auch ein erhöhter Insulinspiegel, wie er bei zu kurzen Essenspausen vorkommt, hemmt die Ausschüttung des Proteins Foxa2. Dieses spielt jedoch eine wichtige Rolle beim Auslösen von Bewegungsdrang, der somit gehemmt wird. 

Die Nahrungsmittelaufnahme scheint im hektischen Alltag zum Nebendarsteller zu werden. Immer mehr Berufstätige, aber auch Schüler, nehmen vermehrt Fast Food zu sich. Bei mehr als 30 Prozent aller 2- bis 19jährigen steht in den USA mindestens jeden zweiten Tag Fast Food auf dem Tisch. In Deutschland isst jeder dritte Junge mindestens einmal pro Woche Junkfood. Mädchen genießen hier noch enthaltsamer, sie gehen alle zwei Wochen einmal zum Schnellimbiss. Das ist zwar alles noch zurückhaltender als in den USA, aber die Tendenz ist steigend.

Der Druck auf die Industrie steigt

Die ansteigende Fettleibigkeit verursacht Druck auf die Lebensmittelindustrie. Es wird immer mehr gefordert, den Verbrauch des Weißen Goldes einzuschränken. In Ländern, die strenge Kennzeichnungen und Steuern eingeführt haben, kommt die Bevölkerung mit weniger Zucker aus. In diesen Ländern ist es der Lebensmittelindustrie auch nicht möglich, in alle möglichen Lebensmittelprodukte Zucker hinein zu mogeln.

Auch Harald Sückar sieht, dass der öffentliche Druck Wirkung zeigt und die Konzerne beginnen, Alternativen zu suchen. Im Interview mit dem Kurier berichtet er von einer McDonald‘s-Filiale in Australien, die sich nicht nur rein äußerlich vollkommen von der gewohnten Optik distanziert, sondern auch eine völlig neue Produktpalette eingeführt hat: Hier sucht man vergebens nach Burger oder Pommes, stattdessen stehen zum Beispiel Reis, Tofu und Gemüse, Huhn, Kürbis und Krautsalat auf dem Speiseplan. McDonald‘s testet hier unter dem Namen „The Corner“ ein vollkommen neues Konzept und spricht Menschen an, die sich gesund ernähren möchten. 

Schlussendlich spricht wohl nichts dagegen, sich hin und wieder eine kleine Sünde zu erlauben. Doch wichtig ist, dass es dabei eine Ausnahme bleibt und Eltern sich ihrer Verantwortung bewusst sind, ein gutes Beispiel dafür zu sein, dass gesundes Essen selbstverständlich und ebenso genussvoll ist. Auch zum Wohle ihrer eigenen Gesundheit.

Besserung der Gesundheit von Kindern durch Zuckerreduzierung in nur zehn Tagen möglich. (Bild: iStock) 

Übrigens: Möchten übergewichtige Kinder abnehmen, ist eine Veränderung der Nahrungszufuhr und des Essverhaltens natürlich Voraussetzung für den Erfolg. Der kindliche Körper regeneriert sich dabei überraschend schnell und gesundheitliche Verbesserungen stellen sich bereits durch kleine Veränderungen ein. Datenerhebungen zufolge seien nur zehn Tage Zuckerreduzierung erforderlich, um den Bluthochdruck und Cholesterinspiegel zu senken, ohne etwas an der sonstigen Kalorienaufnahme zu ändern.

Das macht doch Hoffnung und vielleicht etwas Mut, erste Schritte in die richtige Richtung zu unternehmen. 


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