
Einfache technische Methoden um die Bodenqualität von Farmen und Weideland weltweit zu verbessern, könnten signifikante Mengen an Kohlenstoff aus der Atmosphäre beseitigen und den Verlauf des Klimawandels verlangsamen, so, eine neue Studie von der Universität von Kalifornien, Berkeley.
Forscher fanden heraus, dass man durch bereits gut etablierte landwirtschaftliche Praktiken ausreichend Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufnehmen und in den Böden einlagern könne. Dies würde einen signifikanten Beitrag zu den internationalen Zielen gegen die Klimaerwärmung leisten. Zum Beispiel durch Pflanzen von Zwischenfrüchten, optimierte Beweidung, sowie die Aussaat von Leguminosen auf Weideland. Zu den Leguminosen zählt man Hülsenfrüchte und kleeartige Futterpflanzen. Sie können dem Erdreich Stickstoffdünger zuführen und tragen somit zu einem nährstoffreichen Boden bei. Diese Maßnahmen müssten allerdings weltweit eingesetzt werden.
Das ursprüngliche Ziel der Wissenschaftler war es, herauszufinden, ob solche Methoden die globale Durchschnittstemperatur zumindest um 0,1°C senken könnten. Das ist ein Zehntel des vom Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)1 angestrebten Zieles, die Klimaerwärmung bis zum Jahr 2100 unter 2°C, gegenüber dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung, zu begrenzen. Die Erde hat sich seit 1880 bereits um 1 °C erwärmt und hat somit bereits die Hälfte des Limits erreicht.
Die Studie fand heraus, dass die verbesserten landwirtschaftlichen Anbaumethoden, in Kombination mit massiver Reduktion der Kohlenstoffemission, die globale Durchschnittstemperatur bis 2100 um 0,26°C reduzieren könnten. Das wäre das beste Szenario um den Klimawandel einzuschränken. Die Verantwortliche der Studie und Professorin für Umweltwissenschaften, Whendee Silver sagte:
„Als jemand, der schon lange an Kohlenstoff-Sequestration (Aufnahme und Speicherung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre durch Pflanzen) arbeitet, hatte ich immer folgende Frage im Hinterkopf: ‘Kann die Sequestration in Ackerböden den Klimawandel auf globaler Ebene beeinflussen?’“
„Wir fanden heraus, dass es ein breitgefächertes Angebot an großflächig umsetzbaren Möglichkeiten gibt, die einen nachweisbaren weltweiten Effekt haben können. Die wesentliche Schlussfolgerung ist, dass wir wissen, wie wir es umsetzten können, es ist machbar.“
Durch die Einarbeitung von Biokohle (Pflanzenkohle), ein umstrittener Bodenhilfsstoff, den man durch das Verbrennen von Getreiderückständen in einer sauerstofffreien Umgebung erzeugen kann, könnte noch mehr Erwärmung, möglicherweise sogar bis zu 0,46°C ausgeglichen werden.
Silver weist aber darauf hin, dass dies „nur erreichbar ist, wenn die Sequestration von Kohlenstoff mit massiver Emissionsreduktion gekoppelt wird.“ Wenn die Kohlenstoffkonzentration in der Atmosphäre ansteigt, wirkt sich die Sequestration weniger effektiv auf die Temperaturreduktion aus. Man müsste dann viel mehr Kohlenstoff aus der Atmosphäre entfernen, um die gleiche Reduktion zu verwirklichen.
Einlagerung von Kohlenstoff im Erdreich
Silver untersucht verschiedene Möglichkeiten, Kohlenstoff in Ackerböden einzulagern, um so Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre zu entfernen und die durch Treibhausgase beeinflusste Erwärmung des Planeten zu verlangsamen.
Für die neue Studie verwendeten Silver, Mayer und ihre Kollegen2 globale Daten über Konzepte von landwirtschaftlichen Methoden, von denen man bereits wusste, dass sie die Kohlenstoffeinlagerung in Böden erhöhen, kombiniert mit einem Klima-Modell, das die möglichen Effekte auf das Klima feststellt, bei weitreichender Anwendung dieser Methoden.
Ursprünglich berechneten sie, wie viel Kohlenstoff aus der Atmosphäre in die Böden eingelagert werden müsste, um die Temperaturen um 0,1 ° C zu senken. Vier verschiedene Szenarien wurden bis zum Jahr 2100 angenommen – von Beibehaltung gewohnter Bedingungen, bis hin zu massiver Reduktion der Emission von Kohlenstoffdioxid. Für den Fall der weitreichenden Reduktion, berechneten sie, dass die Böden weltweit ungefähr 0,68 Petagramm Kohlenstoff pro Jahr aufnehmen müssten oder 750 Millionen U.S. Tonnen (umgerechnet ca. 680 Millionen Tonnen) Kohlenstoff.
Das ist gleichgesetzt mit 2,5 Petagramm Kohlenstoffdioxid. Ein Petagramm ist 1015, oder eine Billion Kilogramm. Ihre Meta-Analyse der existierenden Studien von landwirtschaftlichen Methoden zeigte, dass durch Erhöhung der Bodenqualität dieses Ziel erreicht werden könnte. Durch die zusätzliche Verbesserung von abgetragenen Äcker- und Weideländern, die benutzt werden, aber weniger als den optimalen Ertrag produzieren, könnte es sogar überschritten werden.
Silver sagt:
“Das sind oft genutzte Ansätze, wobei Menschen sie nicht zur Sequestration von Kohlenstoff, sondern aus anderen Gründen einsetzen.”
“Immer wenn der organische Inhalt der Böden erhöht wird, werden auch die Fruchtbarkeit, Wasseraufnahmefähigkeit und Nachhaltigkeit erhöht, Abnutzung vermindert und die allgemeine Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel verbessert.“
“Die Sequestration von Kohlenstoff ist ein positiver Nebeneffekt.”
Die Forscher haben weder die neueren Methoden berücksichtigt, die noch nicht umfassend erforscht sind, wie zum Beispiel Kompostierung, noch haben sie den Effekt miteinbezogen, den die Verbesserung von Bodenflächen von verlassenen Landflächen mit sich bringen könnte – beides Methoden, welche die Sequestration von Kohlenstoff in Bodenflächen noch weiter erhöhen könnten.
Neuere Klima-Modelle könnten auch simulieren, wie die Kohlenstoffaufnahme sich verändern wird, wenn die Temperaturen steigen oder Niederschlagmuster sich verändern, erklärt Mayer:
“Der wesentliche Punkt unserer Publikation war es, die Auswirkung auf die Temperatur zu untersuchen, wenn man einfache Technologien, die bereits in der Landwirtschaft eingesetzt werden, in Entwicklungs- sowie Industrieländern, umsetzt.”
“Theoretisch könnten viele dieser Methoden sofort umfassend angepasst werden.“
Mit agressiven Emissionszielen, verbesserten landwirtschaftlichen Methoden, könnten ungefähr 1,78 Petagramm Kohlenstoff pro Jahr aus der Atmosphäre entfernt werden, während das Beifügen von Biokohle die jährliche Kohlenstoffsequestrationsrate auf 2,89 Petagramm erhöhen könnte. Silver fügt hinzu:
“Landwirtschaft wird oft als der Übeltäter in Bezug auf den Klimawandel dargestellt.”
“Das Spannende ist, dass Landwirtschaft nicht nur zur Lösung des Problems beitragen kann, sondern sie kann es auf eine Art und Weise tun, welche die Ackerböden sogar verbessert.“
Silver und ihre Kollegen, inklusive der Hauptautorin Allegra Mayer, eine Absolventin der Universität Berkeley, haben ihre Ergebnisse in dem online Journal Science Advances publiziert.
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1: internationaler Ausschuss, der sich mit dem Klimawandel beschäftigt
2: Zeke Hausfather von der Engerie und Ressourcen Forschungsgruppe der University Berkeley und Andrew Jones vom Lawrence Berkeley National Laboratory