
„Dosis sola facit venenum – Nur die Dosis macht das Gift“ ist eines der bekanntesten Zitate des bedeutenden deutschsprachigen Arztes Paracelsus, welcher als Begründer der Toxikologie und der pharmazeutischen Chemie gilt. Doch er verdankt nicht alleine diesen Erkenntnissen, dass er als einer der größten Mediziner in die Geschichte einging. Erfahren Sie hier, wie aus dem jungen Theophrastus, der von den damaligen Medizinern als „Zauberer und Scharlatan“ angefeindet wurde, der weltberühmte Arzt Paracelsus wurde und welche Weisheiten seinem Erfolg zugrunde lagen.
Paracelsus wurde im Jahr 1493 mit dem bürgerlichen Namen Theophrastus Bombast von Hoheinheim in der Schweiz geboren. Das medizinische Talent wurde ihm bereits durch seinen Vater, dem Arzt und Alchemisten Wilhelm Bombast von Hohenheim, in die Wiege gelegt.
Mit jungen 16 Jahren begann Theophrastus an der Universität zu Basel selbst Medizin zu studieren. Nach dem Studium, das mehrere Jahre Wanderschaft inkludierte, erlangte Theophrastus seine Doktorwürde. Auf diesen Reisen hatte er Lehraufenthalte an den Universitäten Wien und Ferrara, wo er 1516 schließlich zum Doktor der Medizin promovierte. Außerdem soll er in diesen Jahren von Spanien bis Russland und von Schweden bis Kroatien gereist sein, hauptsächlich um Erfahrungen als Militärarzt zu sammeln. Manche Quellen besagen, er sei auch nach Russland und Asien gereist.
Ab 1524 war er als Arzt in Salzburg, Straßburg, Basel, Nürnberg und Böhmen tätig. Jedoch zog er als Wander- und Wundarzt immer wieder durch verschiedene Städte Europas.
Er verfasste medizinische Schriften zu Syphilis, Pest und den Berufskrankheiten der Berg- und Hüttenarbeiter sowie zur Wundbehandlung, der Bedeutung von Heilquellen als auch über Krankheitsursachen.
1527 wurde er zu dem damals sehr berühmten Johann Froben gerufen, der als Besitzer eines der ersten Druckhäuser das Neue Testament in Basel druckte. Dieser war schwer erkrankt und viele Behandlungsversuche waren gescheitert. Theophrastus konnte jedoch eine schnelle Genesung bei Froben erzielen.
Zu dieser Zeit wohnte der ebenfalls sehr angesehene Theologe Erasmus von Rotterdam bei Froben. Auch diesen behandelte Theophrastus mit Erfolg. Die beiden einflussreichen Männer sollen vom Sachverstand des jungen Arztes so beindruckt gewesen sein, dass sie veranlassten, ihn zum Stadtmedikus von Basel zu machen. Dieser Schritt war vielen bekannten Ärzten, Apothekern und Medizinprofessoren in Basel jedoch ein Dorn im Auge.
Wie aus Theophrastus der bekannte Paracelsus wurde: Vom „Scharlatan“ zum Pionier der Medizin
Heute gilt Paracelsus als weltbekannter Pionier unter den Medizinern. Zu seinen Lebzeiten im sechzehnten Jahrhundert war dies jedoch anders:
Der junge Arzt Theophrastus galt als höchst umstritten. Er widersprach der gängigen medizinischen Lehrmeinung und verwarf die damals aus der Antike anerkannte Vielsäftelehre. Stattdessen entwickelte er ein chemisches Verständnis über den menschlichen Organismus und verband seine Heilmethoden eng mit einem spirituellen und philosophischen Verständnis.
Aus diesem Grund wurde er von Ärztekollegen, welche die „rationale, universitäre Medizin“ vertraten, als „Zauberer und Scharlatan“ verspottet.
„Der ist ein Arzt, der das Unsichtbare weiß, das keinen Namen hat, das keine Materie hat, und doch seine Wirkung hat.“
(Paracelsus 1493-1541)
Zudem verfasste er die meisten seiner medizinischen Abhandlungen auf Deutsch, um seine Erkenntnisse der breiten Masse zugänglich zu machen, weshalb er heute manchmal als „Luther der Medizin“ bezeichnet wird. Er hielt auch vereinfachte Vorträge in schweizerdeutschem Dialekt, die auch nichtmedizinisches Personal verstehen konnten. Dies galt zur damaligen Zeit als verpönt, da nur lateinische Abhandlungen dem Berufsstand der Ärzte entsprachen.
Paracelsus ging in seiner Medizin über das Offensichtliche hinaus und lernte auf seinen Wanderschaften auch von Alchemisten, Kräuterfrauen und aus den traditionellen Heilkünsten vieler Völker. Auch das entsprach nicht der „universitären Medizin“, was dem heutigen Begriff der „Schulmedizin“ gleichkommt, welcher aber erst ab 1831 eingeführt wurde.
„Wenn ein Arzt auf richtigem Grunde stehen soll, so muss das Senfkorn des Glaubens in der Wiege in ihn gelegt werden, und er muss in dieser Kraft aufwachsen wie die Großen und Heiligen bei Gott. […] Er muss wissen, was über der Natur (Erscheinung) und Art (Form) ist, was über dem Leben ist, was sichtbar ist und was unsichtbar ist, dass er die Kranken gesund, die Blinden sehend mache und die Toten auferwecke. Darin liegt keine Kunst, Doktor oder Magister zu werden; dies kann man ums Geld, aber die Kunst ist, ein Doktor oder Meister in Wahrheit zu sein”.
(Paracelsus 1493-1541)
Aufgrund seiner Ansichten und offener Kritik, dass viele Ärzte und andere Heilberufe nicht nach der Wahrheit suchen würden, folgten viele Anfeindungen.
Nachdem er einmal ein medizinisches Fachbuch „Kanon der Medizin“ bei einem Vortrag an der Universität in Basel verbrannte, um seiner Kritik Ausdruck zu verleihen, sollen diese Anfeindungen eskaliert sein. Alle bedeutenden Ärzte, Apotheker und Professoren, die Theophrastus wegen ihres „geringen Wissens und ihrer großen Profite“ kritisiert hatte, schlossen sich schließlich gegen den jungen Arzt zusammen und gingen auch auf politischer Ebene gegen ihn vor. Wer genau dies ins Rollen brachte ist unklar, aber Theophrastus musste schließlich seine Stelle an der Universität zurücklassen und kurzerhand aus der Stadt fliehen.
Zu dieser Zeit, im Jahr 1529, benutzte er in seinen Schriften erstmals den Namen Paracelsus. Es wird weitgehend vermutet, dass para („bei“) celsus („erhaben, empor ragend“) ein Wortspiel, beruhend auf seinen Nachnamen Bombast von „Hohenheim“, darstellt. Manche Quellen vermuten dahinter auch eine Anspielung darauf, dass sein Wissen „ein höheres“ Maß als die damalige universitäre Medizin erreichte.
Paracelsus´ Haus der Heilkunde
Heute gilt Paracelsus als einer der Begründer der modernen Medizin und Arzneimittellehre. Viele Krankenhäuser und Universitäten sind nach ihm benannt und die jährlich verliehene Paracelsus-Medaille wird für besonders wissenschaftliche oder vorbildliche Verdienste an ausgewählte Ärzte verliehen.
Er gilt als Pionier der pharmazeutischen Chemie, einem der Hauptfächer des heutigen Pharmaziestudiums, sowie der Toxikologie, der Lehre über Giftstoffe, die ebenfalls weiterhin in den modernen medizinischen Universitätsstudien unterrichtet wird.
Während sich die Wertschätzung der Erfolge von Paracelsus, im Vergleich zu seinen Lebzeiten, wesentlich verbessert hat, ignoriert man aber auch in der heutigen modernen Medizin die durchwegs spirituellen und philosophischen Hintergründe seiner Heilmethoden, da sie nicht mehr als Einheit verstanden werden.
In dem Werk Paragranum beschreibt Paracelsus, dass sein „Haus der Heilkunde“ mehr ist, als nur ein Verständnis des Körpers und der Natur. Die vier Säulen, denen er in der Heilkunde folgte, waren: Philosophia, Astronomia, Alchimia und ärztliche Tugend. Diese wurden durch die umfassende Entienlehre ergänzt , in der Paracelsus die fünf Ursachen (Entien) jeder Krankheit beschreibt.
Mehr zu der Bedeutung dieser vier Säulen sowie der umfassenden Entienlehre von Paracelsus, erfahren Sie in Teil 2 der Artikel-Serie.
Vorschau: Welche genaue Bedeutung hatten die vier Säulen der Heilkunde Paracelsus? Welche fünf Entien müssen laut Paracelsus ausgeglichen sein, damit der Mensch gesund sein kann? In der heutigen modernen Medizin blieb nur eine davon erhalten, die gezielt eingesetzt wird. Die vier übrigen gingen verloren. Welche eingesetzt und verloren gingen und welche Aspekte dadurch in der heutigen Heilkunde vergessen werden, wird in Teil 2 des Artikels: Die Heilkunde des Paracelsus: Vom angefeindeten „Scharlatan“ zum „Pionier der Medizin“ näher beleuchtet.
- Quellen:
- https://austria-forum.org/af/Biographien/Paracelsus
- https://bombastus-ges.de/kirby-cms/de/paracelsus/name-und-herkunft
- https://www.nhv-theophrastus.de/site/index.php?option=com_content&view=article&id=95:grundprinzipien-paracelsischer-heilweise&catid=28:der-arzt-paracelsus&Itemid=125
- Buch: Die Entdecker: Das Abenteuer des Menschen, sich und die Welt zu erkennen, Drittes Buch: Die Natur, s. 374 ff.