Die „echte Mulan“: Hongkong-Aktivistin Agnes Chow kämpft für ihr Land und wird festgenommen

Die „echte Mulan“: Hongkong-Aktivistin Agnes Chow kämpft für ihr Land und wird festgenommen

Die 23-jährige Hongkonger Demokratieaktivisten Agnes Chow wird wegen ihrer Tapferkeit und Loyalität zu Hongkong auf Social Media Plattformen gefeiert. In Anspielung auf die legendäre chinesische Heldenfigur, die für die Rettung ihrer Familie und ihres Landes gekämpft hat, wird Chow als die „echte Mulan“ bezeichnet. 

Wie BBC berichtet, wurden Mitte August aufgrund des umstrittenen neuen Sicherheitsgesetzes, das von Peking verhängt wurde, eine Handvoll Aktivisten und Medienvertreter verhaftet. Agnes Chow, der man „Kollaboration mit ausländischen Streitkräften” vorwarf, war eine von ihnen.

“Ich würde sagen, dass es sehr offensichtlich ist, dass das Regime und die Regierung das nationale Sicherheitsgesetz nutzen, um politische Dissidenten zu unterdrücken”, wird Chow von The Guardian zitiert, nachdem sie gegen Kaution freigelassen wurde.

Bei einer Verurteilung könnte der jungen Frau eine lebenslängliche Gefängnisstrafe drohen.

Ihre Verhaftung löste eine gewaltige Welle der Unterstützung aus und immer wieder wurde sie als die „echte Mulan“ bezeichnet.

Online-Debatte: Wer ist die „echte Mulan“?

Die alte chinesische Legende von Mulan wurde besonders durch den Disney-Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1998 weltweit bekannt. Die Erzählung berichtet von einer jungen Frau, die sich als Mann verkleidet, um für die Rettung ihrer Familie und ihres geliebten Landes im Krieg kämpfen zu können. 

Auf diversen Social Media Plattformen, wie Twitter entbrannte die Debatte auf, ob Agnes Chow oder die Schauspielerin Liu Yifei der Legende Mulan gerechter wird. Die chinesisch-amerikanische Schauspielerin Liu Yifei spielt nämlich die Titelfigur Mulan im der gleichnamigen Realverfilmung, der in diesem Jahr, erscheinen soll. Die Veröffentlichung wurde aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie verschoben, soll nun aber in einigen Ländern im September anlaufen. 

Die Schauspielerin Liu äußerte jedoch, im Gegensatz zu Chow, öffentlich, dass sie das Vorgehen der Hongkonger Polizei unterstütze. So soll die Schauspielerin etwa einen Weibo-Beitrag der regierungsnahen Pekinger Zeitung People’s Daily geteilt haben, auf dem auf Chinesisch stand: „Ich unterstütze auch die Polizei in Hongkong. Sie können mich jetzt verprügeln”.

So wurde der Film bald zu einem Symbol – chinesische Bürger bekundeten ihre Unterstützung für Liu und die Anhänger der Pro-Demokratie in Hongkong riefen unter anderem unter dem Wer ist Agnes Chow eigentlich?

Laut The Guardian sagt Agnes Chow über sich, sie sei in einem unpolitischen Haushalt aufgewachsen, wurde aber im Alter von 15 Jahren von einer wachsenden Bewegung  junger Menschen inspiriert, die sich für Veränderungen einsetzten. Die Bewegung hatte gegen Pläne zur Einführung einer „moralischen und nationalen Erziehung” an öffentlichen Schulen protestiert. Die Schülerinnen und Schüler befürchteten nämlich, dass dies die Einführung einer stark zensierten Bildung signalisieren würde, wie sie auf dem chinesischen Festland praktiziert wird.

Während ihrer Tätigkeit als Sprecherin der Studentenaktivistengruppe „Scholarism” soll sie den bekannten Pro-Demokratie-Aktivisten Joshua Wong zum ersten Mal getroffen haben.

Chow, Wong und Nathan Law wurden zu Schlüsselfiguren der 79-tägigen Proteste der „Umbrella-Bewegung” in Hongkong im Jahr 2014, bei denen gefordert wurde, dass die Stadt ihre eigene Führung wählen kann.

Die eng mit der KPCh-China kooperierende Regierung in Hongkong kam der Forderung der Protestanten nicht nach- aber sie schufen eine ganz neue Generation junger demokratischer Persönlichkeiten in Hongkong. 

Daraus entwickelte sich die pro-demokratische Jugendpartei „Demosisto“, die eine Vertretung im Legislativrat anstrebte. Der Plan war erfolgreich, aber ihre vier Kandidaten wurden schlussendlich von der Wahl ausgeschlossen, weil sie den Amtseid geändert hatten, als sie versuchten, ihre Sitze einzunehmen, so The Guardian weiter. 

Im Jahr 2018 versuchte Chow, bei Kommunalwahlen zu kandidieren – sie gab dafür ihre britische Staatsbürgerschaft auf und verschob ihre Universitätsabschlüsse. Ihre Nominierung wurde jedoch abgelehnt, weil die zuständigen Beamten meinten, sie unterstütze die „Selbstbestimmung” für Hongkong. 

„Das Verbot gegen mich ist nicht persönlich, es richtet sich gegen eine ganze Generation junger Menschen, die eine andere Meinung als die Regierung haben”, sagte sie 2018 in einem Interview mit The Guardian.

„Die Regierung will nur junge Menschen, die ihre Zuneigung zu China und der Kommunistischen Partei zeigen. Jede Abweichung der Denkweise ist jetzt inakzeptabel.”

Seit 2019 kommt es in Hongkong zu massiven Protesten, bei welchen sich die Demonstranten gegen ein Auslieferungsgesetz aussprechen, das es ermöglichen würde, Verdächtige in Hongkong auf dem chinesischen Festland vor Gericht zu stellen. Im August desselben Jahres wurde Chow verhaftet, da sie verdächtigt wurde, an einer nicht-genehmigten Versammlung teilgenommen zu haben und „andere zur Teilnahme anzustiften”.

Andere prominente pro-demokratische Persönlichkeiten wie Joshua Wong und Andy Chan wurden ebenfalls verhaftet.

Agnes Cow und Joshua Wong am 23. September 2014. Sie tragen rote Augenbinden, um bildlich zu symbolisieren, dass Studenten durch Chinas politische Macht geblendet worden sind. (Wikipedia)

Vor kurzem bekannte sie sich vor Gericht – in der Hoffnung auf eine mildere Strafe – für schuldig. Sie sagte ihren Followern, dass sie mental darauf vorbereitet sei, eine Gefängnisstrafe zu verbüßen.

Nach dem 30. Juni, als die Gesetze zur nationalen Sicherheit in Hongkong in Kraft traten, habe sie nach eigenen Angaben zunächst nichts mehr gepostet. Außerdem soll sie die Auflösung von „Demosisto“ angekündigt haben. Sie und Wong blieben in Hongkong, während Law, laut The Guardian, um einer Verhaftung zu entgehen nach Großbritannien floh.

Die Verhaftung der jungen Demokratieaktivistin hat die Besorgnis bestätigt, dass das neue Gesetz rückwirkend auf wichtige Oppositionsfiguren angewandt wird. Zahlreiche Stimmen meinen, dass Verhaftungen nach dem Gesetz zur nationalen Sicherheit noch weitreichendere Folgen haben könnten. Laut The Guardian weisen Analysten darauf hin, dass diejenigen, die wegen Vergehen im Zusammenhang mit Absprachen im Ausland verhaftet wurden, möglicherweise zur Gerichtsverhandlung auf das Festland verlegt werden könnten, wo die Justiz routinemäßig als undurchsichtig kritisiert wird und wo rund 99% aller Fälle zu einer Verurteilung führen.

Seit dem 30. Juni diesen Jahres ist das neue Sicherheitsgesetz in Kraft. Nach dem neuen Gesetz ist die Aufstachelung zum “Hass gegen die chinesische Zentralregierung und die Regionalregierung Hongkongs” illegal. Dies schließt laut den chinesischen Behörden auch jegliche Form von Kritik oder den Einsatz für die Demokratie mit ein.

Chow sagte später in einer Erklärung auf Facebook, ihre jüngste Verhaftung sei die bisher „erschreckendste” gewesen. 

Nach derzeitiger Lage sind weitere Verhaftungen von jungen Aktivisten wie Agnes Chow zu befürchten. Es ist an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft ihre Stimmen für Hongkong erhebt und China mit Konsequenzen droht.

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