
Der deutschen Band „Die Ärzte“ gelang kürzlich ein rechtlicher Schlag gegen die umstrittene Ticketplattform Viagogo. Kunden, die Veranstaltungs-Tickets über Viagogo kaufen, müssen mit stark überhöhten Preisen, versteckten Gebühren und teilweise mit gefälschten Tickets rechnen. Gerichtlich ist das Unternehmen schwer zu fassen und doch ist es nicht das erste Mal, dass Künstler erfolgreich gegen Viagogo vorgehen.
Die 2006 in London gegründete und in der Schweiz ansässige Ticketplattform Viagogo bezeichnet sich selbst auf seiner Website als „weltweit größten Sekundärmarktplatz für den Verkauf von Live-Event-Tickets.“ Weiters ist zu lesen: „Die Preise werden von den Verkäufern festgelegt und können unter oder über dem Marktpreis liegen.“
Der Hinweis, dass es sich bei Viagogo nur um einen Zwischenhändler handelt, wird meist übersehen. Und genau hier liegt das Problem: Die tatsächlichen Verkäufer bleiben anonym, was viele Betrüger anlockt und den Schwarzmarkt nährt.
Verbraucherschützer warnen Konsumenten immer wieder davor Tickets über Viagogo zu kaufen. Meist sind die Karten enorm überteuert und es kommt zu nicht nachvollziehbaren Gebühren.
Wie das Ö1-Konsumentenmagazin Help berichtet, erhält man bei Viagogo Tickets um durchschnittlich 31 Euro teurer als die Origignaltickets. Dies hätten Überprüfungen der Verbraucherzentrale Bayern ergeben. Zudem berechnet die Ticketplattform noch zusätzliche Gebühren, die im Durchschnitt nochmal 32 Euro betragen. Erst kurz vor Abschluss der Buchung erscheinen noch Buchungsgebühren und die Mehrwertsteuer, welche sich im Untersuchungszeitraum im Bereich zwischen acht und 92 Euro abspielten.
Vor dieser willkürlichen und intransparenten Preisgestaltung warnt auch das Marktwächter-Team der Verbraucherzentrale Bayern, welcher schon länger versucht gegen Viagogo rechtliche Schritte zu unternehmen. Nachdem die Ticketbörse, wie allzuoft, auf eine Abmahnung nicht reagierte, reichte das Marktwächter-Team 2019 eine Unterlassungsklage am Landgericht München ein, welcher stattgegeben wurde. Man fordert mehr Transparenz über das Geschäftsmodell und Bekanntgabe der Identität und Adresse der eigentlich privaten Verkäufer vor einem Kaufabschluss. Viagogo legte daraufhin Berufung gegen das Urteil ein.
Künstler wehren sich
Auch vielen Künstlern sind die Wucher-Ticketpreise für ihre Fans ein Dorn im Auge. Immer mehr setzen sich gegen unseriöse Verkäufer ein. Einige bestehen vermehrt auf personalisierte Tickets, welche den Schwarzmarkthandel zwar eindämmen, aber für die Veranstaltungsbesucher auch Nachteile haben können. Muss oder möchte man die Tickets weitergeben, können die Namen auf den Karten oft nur unter Bezahlung von Gebühren beim Veranstalter geändert werden.

Immer mehr Künstler setzen sich auch mit gerichtlichen Maßnahmen zur Wehr. Die deutsche Punkband „Die Ärzte“ konnten nun, gemeinsam mit ihrem Tourneeveranstalter Kiki Ressler und der Ticketanbieter OPM, am Landesgericht München eine einstweilige Verfügung gegen die umstrittene Zweitticketbörse Viagogo erreichen. Viagogo ist es somit untersagt, Tickets für Konzerte der Band zu unkorrekten Preisen anzubieten. Hält sich das Unternehmen nicht daran, droht ihm eine Ordnungsgeldstrafe von 250.000 Euro oder sechs Monate Haft.
2019 ging auch die deutsche Rockband Rammstein gerichtlich gegen Viagogo vor und bewirkte am Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung. „Nach der Gerichtsentscheidung ist es Viagogo verboten, über www.viagogo.de den Verkauf von Tickets für die Stadion-Konzerte 2019 von Rammstein in Deutschland zu ermöglichen, zu behaupten, dass es sich um gültige Tickets handelt, die zum Eintritt berechtigen, und diesen Verkauf mithilfe von sog. Google-Adwords-Anzeigen zu bewerben“, kann man auf rammstein.de nachlesen.
Zusätzlich wurden Personen mit nicht personalisierten Eintrittskarten, wie man sie bei Viagogo erhält, nicht eingelassen. So erhielten zum Beispiel zwei Rammstein-Fans aus Gelsenkirchen keinen Zutritt zum Konzert in der Veltins-Arena, die ihre ungültigen Tickets zuvor um unglaubliche 800 Euro auf Viagogo gekauft hatten. Rammstein kündigt die gleiche Vorgehensweise auch für ihre Tour 2020 an – Viagogo-Ticketbesitzern wird der Eintritt verwehrt bleiben.
In Österreich gelang es den Kaberettisten Monika Gruber und Viktor Gernot Viagogo gerichtlich den Verkauf von Tickets zu ihrem gemeinsamen Kabarettprogramm zu untersagen. Außerdem muss das schweizer Unternehmen Kunden, die in den vergangen drei Jahren für die Eintrittskarten zu tief in die Taschen greifen mussten, entschädigen. Getäuschte Kunden sollen ihre Tickets zurückgeben können und den Preis inklusive Bearbeitungsgebühren zurück erstattet, oder die Differenz zu den Originalpreisen ausbezahlt bekommen.
Auch der britische Singer-Songwriter Ed Sheeran ging 2019 gerichtlich gegen den Ticket-Zweitanbieter vor und bekam ebenfalls vom Landgericht Hamburg Recht. Schon 2018 bekamen viele vermeintliche Ticketbesitzer, aufgrund ungültiger Karten keinen Zutritt zu seinen Deutschland-Konzerten.

Google sperrt Viagogo als Werbekunden
Als Reaktion auf die vielen Beschwerden entschied auch Google Viagogo als Werbekunden zu sperren und die Plattform keine Suchmaschinenwerbungen mehr schalten zu lassen, berichtet heise online im Juli 2019. Allerdings: Im Google-Suchergebnis nach verschiedenen Veranstaltungstickets scheint Viagogo immer noch, zumeist weit oben gereiht auf. Dardurch täuscht die Plattform weiterhin ahnungslose Konsumenten mit ihrem irreführenden Internetauftritt.
Viaogog zeigt sich angesichts der Entscheidung von Google überrascht: „Wir sind sicher, dass kein Verstoß gegen die Regeln vorliegt und arbeiten gern mit Google zusammen, um das Problem so schnell wie möglich zu lösen.“ wird das Unternehmen auf orange by handelsblatt zitiert.
Fazit: Viele Kunden landen auf der Suche nach Veranstaltungstickets bei Viagogo wenn Events bereits ausverkauft sind, aber auch wenn es eigentlich noch reguläre Karten gibt. In beiden Fällen ist für Kunden nicht klar erkennbar, dass es sich um einen Secondhand-Markt handelt und der reale Verkäufer anonym ist. Man muss mit überteuerten Ticketpreisen, untransparenten, teils hohe Bearbeitungskosten und Gebühren rechnen, die unterm Strich oft zu einem astronomischen Endpreis führen. Bleibt dann noch das Risiko ungültige Karten in der Hand zu haben. Am besten lässt man die Finger davon.