
Seit die ersten Fälle des neuen Coronavirus im Dezember 2019 an die Öffentlichkeit gedrungen sind, überschlagen sich die Ereignisse. Beinahe täglich werden neue Infizierte, Informationen und Forschungsergebnisse veröffentlicht. Aber was weiß man bis jetzt eigentlich wirklich über das neue Virus?
Am 31. Dezember 2019 wurden von der chinesischen Gesundheitsbehörde erstmals offiziell 27 Fälle mit Lungenentzündung mit unbekannter Ursache gemeldet. Am 7. Jänner 2020 wurde die Ursache als neuartiges Coronavirus 2019-nCoV identifiziert. Seitdem gibt es täglich neue Meldungen über das Virus und es werden weltweit intensive Forschungen betrieben. Es folgt ein Überblick über die wichtigsten aktuellen Fakten.
Anzahl an Infizierten und Toten steigt – Dunkelziffer unklar
Mittlerweile sind offiziell 31.503 Infizierungen, sowie 638 Todesfälle bekannt (Stand: 07.02.20). 31.217 Fälle davon wurden in China gemeldet, ebenso alle Todesfälle, bis auf jeweils einen Fall in Hong Kong und einen auf den Philippinen. Weitere Länder in denen Fälle des Virus bisher auftraten sind Taiwan, Thailand, Philippinen, Indien, Japan, Südkorea, USA, Vietnam, Singapur, Malaysia, Kanada, Nepal, Sri Lanka, Kambodscha, Australien, Vereinigte Arabische Emirate, Vereinigtes Königreich, Frankreich, Italien, Deutschland, Russland, Spanien, Schweden, Belgien und Finnland. Insgesamt wurden in der EU bisher 29 Fälle von Infektionen mit 2019-nCoV bestätigt.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) korrigiert das weltweite Risiko inzwischen von „moderat“ zu „hoch“ und rief am 30.01.2020 einen „Gesundheitsnotstand internationaler Tragweite“ aus.
Experten aus Hongkong gingen bereits Ende Jänner davon aus, dass weltweit 44.000 Menschen mit dem neuartigen 2019-nCoV infiziert sind und sich die Anzahl alle sechs Tage verdoppeln könnte. Eine Krankenschwester aus Wuhan berichtete Ende Jänner in einer Videobotschaft bereits von 90.000 Erkrankten allein in Wuhan selbst, als die chinesische Regierung offiziell erst knapp 3000 Fälle meldete.
Einschätzungen und Zeugenberichte aus China lassen vermuten, dass die offiziell gemeldeten Zahlen der chinesischen Regierung viel zu niedrig sind und die Dunkelziffer sowohl an Infizierten als auch Toten weitaus höher liegt. Jedenfalls zieht das chinesische Regime bei der Informationsweitergabe ins Ausland über Internet oder Chat-Programme strenge Register, wie eine Tageszeitung in Heilongjiang am 31. Jänner berichtete: Für das „Verbreiten von Gerüchten über das Virus“ soll eine 15-jährige Gefängnisstrafe folgen.
Genom des Virus geklärt – Herkunft fragwürdig
Am 23. Jänner 2020 veröffentlichten chinesische Forscher den Großteil des Genoms des Virus. Mittlerweile wurde das vollständige Genom des neuen Coronavirus vom Institut Pasteur in Frankreich veröffentlicht.
Laut einem Beitrag in dem renommierten Fachjournal The Lancet weist 2019-nCoV 88 Prozent genetische Verwandtschaft mit dem Fledermaus-Coronavirus, 79 Prozent mit dem SARS Virus und nur 50 Prozent mit dem MERS Virus auf.
Während einige Studien davon ausgehen, dass das Virus von Fledermäusen stammt und durch Rekombination (Neuanordnung von genetischen Material des Virus) zur Gefahr für den Menschen geworden ist, glauben andere Forschungsgruppen, dass „natürliche Rekombination wahrscheinlich nicht der Grund für das Auftauchen des neuen Coronavirus“ ist.
In der Studie von Lu et al.,2020, argumentieren die Autoren gegen die Fledermaus-Hypothese:
„Der Ausbruch des Virus wurde erstmals Ende Dezember 2019 gemeldet, wo die meisten Fledermausarten in Wuhan Winterschlaf halten. Zweitens wurden auf dem besagten Fischmarkt in Wuhan keine Fledermäuse gefunden. Weiterhin betrug die Übereinstimmung zwischen dem neuen Coronavirus 2019-nCoV und dem verwandten Fledermaus-Coronavirus bat-SL-CoVZXC21 weniger als 90 %. Daraus lässt sich schließen, dass das Fledermaus-Coronavirus kein direkter Vorfahre von 2019-nCoV sein kann.“
Damit stellen die Forscher die Frage in den Raum, ob das Virus künstlich in einem Labor modifiziert wurde.
Ebenfalls nicht vollständig einig sind sich Forscher, ob wirklich der Fischmarkt in Wuhan der Ursprungsort ist. Während der gutbesuchte Markt bei der Verbreitung des Virus zwar eine wesentliche Rolle gespielt habe, gab es unter den gemeldeten Erstinfektionen zwischen 35 und 45 Prozent Betroffene, bei denen kein Bezug zu dem Fischmarkt festgestellt werden konnte.
Übertragungsrate höher als bei Grippe
Während Ende Jänner geschätzt wurde, dass die Übertragungsrate des neuen Coronavirus nicht höher sei, als die des Grippevirus, wurden diese Zahlen nun revidiert. Studien zeigen, dass die Übertragungsrate von 2019-nCoV höher liegt. Wie viel höher ist allerdings noch nicht eindeutig geklärt. Die Basisreproduktionszahl, auch R0-Wert des neuen Coronavirus wird zurzeit von Experten zwischen 2.6–5.47 eingeschätzt. Das Grippevirus weist einen R0-Wert von 1.1-2.0 auf. Die Übertragung des neuen Coronavirus von Mensch-zu-Mensch ist bereits erwiesen. Welche verschiedenen Übertragungsmechanismen das Virus nutzt, werde jedoch zurzeit noch untersucht.

Symptome und Verlauf
Klinische Dokumentationen zeigen folgende Symptome bei Krankheitsbeginn: Fieber (98 Prozent der Patienten), Husten (76 Prozent der Patienten) und Myalgie oder Müdigkeit (44 Prozent der Patienten). Weniger häufige Symptome waren Sputumproduktion (28 Prozent), Kopfschmerzen (8 Prozent), Hämoptoe (5 Prozent) und Durchfall (3 Prozent). Die Atembeschwerden entwickelten sich bei 55 Prozent nach durchschnittlich 8 Tagen. 63 Prozent der Patienten hatten eine Lymphopenie (Abnahme der Lymphozyten im Blut). Alle Patienten der Studie litten unter einer Lungenentzündung mit abnormalen Befunden im Brust-CT.
Die WHO gibt an, dass bisher bei den meisten Erkrankten ein milder Verlauf zu beobachten war, zu schwereren Verläufen kam es bei ca. 20 % der Fälle. Die Todesrate liegt offiziell zurzeit bei 15 %. Da aber die Dunkelziffer sowohl bei Infektions- als auch Todesfällen zurzeit unklar ist, bleibt dies ein Schätzwert.
Therapiemöglichkeiten und Entwicklung eines Impfstoffes?
Zurzeit gibt es kein Heilmittel gegen das neuartige Coronavirus. Ärzte aus Thailand berichten, dass der Einsatz von Grippe- und HIV-Medikamente die Symptomatik verbessern würde. Der von einem österreichischen Start-up vorgeschlagene HIV-Wirkstoff Lopinavir, wird offensichtlich auch bereits seit Ende Jänner in Chinas Krankenhäusern eingesetzt, wo Rückmeldungen noch ausständig sind.
Am 28. Jänner veröffentlichte die South China Morning Post Informationen, dass sowohl in Festlandchina als auch in den USA auf Hochtouren nach einem möglichen Impfstoff geforscht wird. Ein Forschungsteam in Hongkong gab bekannt, dass es einen möglichen Impfstoffkandidaten gefunden habe, dieser befinde sich aber zurzeit noch in der Testphase.
Zurzeit ist der Wissensstand an gesicherten Daten über das neue Coronavirus 2019-nCoV in vielen Bereichen lückenhaft. Auf der Plattform Pubmed sind seit Beginn dieses Jahres über 200 neue wissenschaftliche Veröffentlichungen über das neue Coronavirus erschienen. Die Suche nach Antworten zu dem neuartigen Virus und die Bemühungen eine Pandemie zu vermeiden gehen auf Hochtouren weiter.